Seit Jahren sind wir auf der Suche nach schönen Orten für einen Sommerurlaub, zu denen man gut mit dem Zug kommt und vor Ort kein Auto braucht. Orte, die hübsch und nicht zu groß sind, aber trotzdem nette Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten bieten und von denen es nicht weit zum Meer und in die Natur ist.
Der zweite Beitrag dieses Blogs handelt von unserem bisher absoluten Lieblingsort: St. Ives in Cornwall (Südwestengland), wo wir 2018 zwei Wochen verbrachten und von Anfang an vom Charme dieses Künstler- und Badeortes verzaubert waren.
Lage und Wetter
Der schöne Küstenort St. Ives liegt relativ weit im Südwesten Cornwalls, das seinerseits den äußersten Südwesten Englands bildet. Da Cornwall sehr nah am Golfstrom liegt, herrscht hier so ziemlich das wärmste (und im Winter mildeste) Klima Großbritanniens, weshalb hier auch eine Vielzahl an bunten Pflanzen aus der ganzen Welt wachsen.
Anreise
Nach St. Ives könnt ihr mehrmals am Tag in fünfeinhalb Stunden mit der Great Western Railway vom Londoner Bahnhof Paddington fahren. Gerade die zweite Hälfte der Zugfahrt ist sehr schön, hier fahrt ihr zunächst durch überraschend felsige Gegenden und könnt (auf der linken Seite) immer wieder einen Blick auf das Meer erhaschen. Am Ende müsste ihr ein Mal in St. Erth umsteigen, wo ihr auf der rechten Seite einen tollen Blick auf die Küste der St. Ives Bay habt.
Nach London kommt ihr wiederum am besten mit dem Eurostar, den ihr von Brüssel oder Paris nehmen könnt, je nachdem, was für euch besser passt oder günstiger ist.
Da alles zusammen eventuell etwas anstrengend ist und ihr für den Umstieg in London sowieso von St. Pancras nach Paddington fahren müsst, bietet sich auf jeden Fall eine Übernachtung in London an.
Highlights vor Ort
St. Ives ist ein Bade-, Künstler-, Fischer- und Wanderort in einem und hat uns sofort mit seinem besonderen Charme in seinen Bann gezogen.
Strand
Zunächst einmal liegt der gesamte Ort an der Küste und hat, neben einigen felsigen Bereichen, gleich mehrere Strände zu bieten. Diese haben alle ihre Eigenheiten und sind bei Ebbe zum Teil sogar miteinander verbunden.
Unser Lieblingsstrand war dabei der Porthminster Beach im Südosten von St. Ives, zum einen, weil wir nur wenige Gehminuten entfernt gewohnt haben, zum anderen, weil er einfach sehr schön und sauber war und nicht direkt im belebten Ortszentrum lag. Baden waren wir tatsächlich immer hier.
Hätten wir im Nordwesten von St. Ives gewohnt, hätten wir aber vermutlich eher am Porthmeor Beach gebadet. Auch dieser sah wirklich schön aus und war zum Sonnenuntergang ein traumhafter Ort, um den Tag ausklingen zu lassen. Hier könnt ihr auch viele Surfer sehen und sogar in einem der Ferienwohnungen mit Meeresblick übernachten.
Auch wenn es sich im ersten Moment komisch anhört, aber auch der Hafen mit seinen vielen Booten besitzt einen durchaus netten Strand, den Harbour Sand. Dieser entsteht immer bei Ebbe, wenn der Hafen komplett wasserfrei ist und die ganzen Boote auf Grund liegen. Hier seid ihr natürlich direkt im Zentrum, so dass hier deutlich mehr los ist. Trotzdem solltet ihr hier mal bei Ebbe vorbeischauen und zu Fuß durch den Sand laufen, es ist wirklich spannend, den Hafen und die Umgebung plötzlich „von unten“ kennenzulernen. Außerdem könnt ihr bei niedrigem Wasserstand bis zum Porthminster Beach laufen. Das hat schon etwas…
Eine kleine Warnung muss ich aber trotzdem noch aussprechen: Auch wenn Cornwall am Golfstrom liegt, so erreicht das Wasser im Juli oder August maximal eine Wassertemperatur von 18°C (wenn ihr Glück habt). Auch uns hat es einiges an Überwindung gekostet, hier baden zu gehen. Auch wenn es also an manchen Stellen optisch so aussieht: Mittelmeerfeeling kommt hier höchsten außerhalb des Wassers auf. 😉
Spaziergang durch den Ort
Neben seinen Stränden bietet St. Ives ein wirklich nettes Zentrum. Dort habt ihr zum einen die Hafenpromenade, von wo aus ihr die vielen kleinen Boote anschauen und euch in einem der vielen Restaurants und Kneipen eine kleine (oder große) Stärkung gönnen könnt. Gerade am Wochenende oder zu besonderen Anlässen ist hier aber eine Menge los, was vielleicht nicht jeder so idyllisch findet. Direkt hinter der Promenade gibt es aber viele kleine Gassen mit niedlichen Häusern, bunten Türen, Galerien und kleinen Geschäften. Hier könnt ihr durchspazieren und immer wieder etwas Neues entdecken. Im Norden von St. Ives gibt es mit „The Island“, einen kleinen, grünen Felshügel, auf dem ihr eine tolle Aussicht und etwas mehr Ruhe als nebenan im Zentrum habt.
Museen und Galerien
Falls ihr auf moderne Kunst steht, könnt ihr in der Tate St. Ives vorbeischauen, das tatsächlich eine Art Außenstelle der Londoner Tate Modern ist. Und auch sonst gibt es so einige kleinere Galerien in St. Ives.
Als Kunstbanausen waren wir stattdessen im St. Ives Museum, wo ihr eine Menge Gegenstände, Fotos und Kuriositäten aus der Geschichte von St. Ives zu sehen bekommt. Die Ausstellung war ein wenig wild und durcheinander, aber für fünf Pfund Eintritt trotzdem einen Besuch wert.
St. Ives Arts Club
Eines der Highlights unseres Urlaubs war ein Besuch des St. Ives Arts Club, wo lokale, aber auch internationale Künstler auftreten. Schaut hier am besten vor eurem Urlaub schonmal im Veranstaltungskalender nach und reserviert euch die Tickets im Vorhinein. Wir haben uns erst drei Tage vorher für ein Konzert eines klassischen, indischen Musikensembles entschieden und gerade so noch zwei Karten bekommen, die nicht rechtzeitig abgeholt wurden.
Das Konzert war dann ein eindrucksvolles Erlebnis: Das Ensemble (es waren drei Musiker an klassisch indischen Instrumenten) haben verschiedene Ragas gespielt, was wir vorher so noch nie gehört, geschweige denn gesehen haben. Das Ensemble habe ich später nochmal gegoogelt und festgestellt, dass sie normalerweise in Orten wie der Carnegie Hall auftreten. In St. Ives könnt ihr so etwas im St. Ives Arts Club auf dem Dachboden erleben. 😉
Küstenweg (South West Coast Path)
Falls ihr mal etwas aus dem Ort herauskommen wollt, könnt ihr einfach nach Nordwesten dem South West Coast Path folgen, der einmal um ganz Cornwall (und weiter) führt und praktischerweise auch durch St. Ives verläuft. Dabei wechseln sich spektakuläre Klippen, Buchten, Wiesen, Hecken und Heideflächen ab, durch das Auf und Ab waren wir aber überraschend lang unterwegs. Obwohl wir, ganz bescheiden, nur zum nächsten Nachbarort (Zennor) laufen wollten, waren wir einen halben Tag unterwegs, wobei es sogar meine Wanderstiefel zerlegte, die mich vorher 800 Kilometer treu durch Spanien getragen haben. Gut, dass zufällig gerade eine Gruppe Pfadfinder mit Gaffa-Tape vorbeikam… 😊
Von Zennor aus könnt ihr in gerade mal zwölf Minuten einfach wieder mit dem Bus zurückfahren, ein Taxi nehmen oder eine Nacht übernachten. Aber Achtung: Der Pub The Tinners Arms, der im Prinzip die einzige Essensquelle des Ortes darstellt, ist gut besucht. Wenn ihr also am späten Nachmittag hier ankommt, fragt am besten nach, bis wann ihr noch eine Bestellung aufgeben könnt. Wir mussten sie sofort aufgeben, um sie dann zwei Stunden später noch im schönen Garten aufgetischt zu bekommen.
Carbis Bay
Ungefähr zwanzig Gehminuten südöstlich von St. Ives befindet sich das kleine Örtchen Carbis Bay, in einer Bucht, die von vielen als eine der schönsten Buchten der Welt bezeichnet werden.
Das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen und nahmen den gar nicht so unbeschwerlichen Weg auf uns, der übrigens zum oben erwähnten South West Coast Path gehört. In Carbis Bay angekommen, fanden wir tatsächlich einen sehr schönen, großen und recht unbesuchten Strand zwischen hohen, grünen Klippen vor, der die Strände von St. Ives definitiv in den Schatten stellte. Allerdings wurde damals gerade fleißig am Carbis Bay Hotel gebaut, das für den G7-Gipfel 2021 fit gemacht werden sollte. Das hat die Urlaubsstimmung leider etwas getrübt, sollte nun aber kein Thema mehr sein.
Entferntere Ausflugsziele
Solltet ihr Lust haben, ein bisschen mehr von Cornwall zu sehen, kommt ihr von St. Ives sehr gut mit dem Bus (Land’s End Coaster) um die Halbinsel. Gerade wenn ihr eher ungeübt im Autofahren seid, dürfte das auf den oft sehr schmalen Straßen auch die stressfreieste Variante sein, denn wir haben nicht nur ein Mal erlebt, wie sich ein verzweifelter Autofahrer mit Schweiß auf der Stirn eine lange, gewundene Straße im Rückwärtsgang zurückkämpfen musste. Zumindest die Bus-Passagiere vorne am Panoramafenster hatten ihren Spaß…
Darüber hinaus gibt es auch noch eine Zugverbindung zwischen Penzance und St. Ives, die so manche Fahrt verkürzen dürfte. Am besten schaut ihr einfach bei GoogleMaps, welche Verbindung sich zeitlich am besten anbietet.
Hier mal entgegen dem Uhrzeigersinn, was wir so alles besucht haben:
Geevor Tin Mine Museum
Genau 45 Minuten mit dem Bus von St. Ives kommt ihr an der Geevor Tin Mine vorbei, ein 1990 stillgelegtes Zinnbergwerk, in dem ihr sehr anschaulich erfahrt, wie in Cornwall Zinn abgebaut wurde. Die auf dem Gelände verteilte Ausstellung ist wirklich schön gemacht, sehr informativ und abwechslungsreich.
Land’s End
Weitere 45 Minuten mit dem Bus entfernt liegt Land’s End, der westlichste Punkt von Großbritannien (aber nicht vom Vereinigten Königreich 😊). Kann man sich anschauen, ist aber auch nicht so mega aufregend. Es gibt auch ein kleines Gelände mit Geschäften, das wir „Disney Land“ genannt haben. Ihr könnt euch also ungefähr vorstellen, was euch dort erwartet…
Telegrafiemuseum & Minack Theatre (Porthcurno)
Weitere 14 Busminuten nach Südosten gelangt ihr nach Porthcurno, wo ihr das Porthcurno Telegraph Museum besuchen könnt, da hier die ersten Überseekabel Englands ankamen. Das Museum war sehr schön gestaltet und gerade am Anfang sehr informativ, wo erklärt wird, wie Kommunikation über weite Strecken und vor allem über den Ozean funktioniert.
Ansonsten bietet der Ort noch einen sehr schönen Strand und das Minack Theatre, in dem ihr euch abends vor der spektakulären Meeres- und Felsenkulisse Theaterstücke und Konzerte anschauen könnt.
St. Michael’s Mount
Eine viertel Stunde von Penzance entfernt, das ihr in unter einer Stunde von St. Ives aus mit dem Bus oder Zug erreichen könnt, liegt in Marazion (Bushaltestelle Playground) die Insel St. Michael’s Mount, die nicht zufällig an das beeindruckende Mont-Saint-Michel in Frankreich erinnert, das ihr bestimmt schon auf Bildern oder Videos gesehen habt. Die Burg wurde nämlich von Benediktinermönchen errichtet, die tatsächlich vom Mont-Saint-Michel kamen.
Die Insel mit ihrem Burgschloss sieht durchaus beeindruckend aus und ist bei Flut mit dem Boot und bei Ebbe zu Fuß erreichbar, wobei ihr im letzteren Fall einen Blick auf den interessanten Blasentang neben dem Weg werfen könnt. In der Burg gibt es auch einige Kuriositäten wie eine Ägyptische Mumie zu sehen und bei gutem Wetter könnt ihr draußen noch durch den Garten schlendern und bewundern, was hier in Cornwall doch so alles wächst.
The Lost Gardens of Heligan
Apropos Garten: In Cornwall gibt es unzählige Gärten, die ihr theoretisch besuchen könnt. Wir haben uns für die Lost Gardens of Heligan entschieden, die mit den Öffentlichen ungefähr zwei Stunden östlich von St. Ives liegen. Die Fahrt ist hierhin etwas anstrengender, da ihr zwei Züge und einen Bus nehmen müsst, was in unserem Fall aber problemlos geklappt hat.
Die Gärten haben eine spannende Geschichte, denn von 1914 bis 1990 waren sie völlig in Vergessenheit geraten und wurden dann zufällig wiederentdeckt und über zehn Jahre lang wieder „freigelegt“. Heute sind sie wohl eine der berühmtesten Gärten Englands und verteilen sich auf einem riesigen Gelände mit verschiedenen Themenwelten. Hier könnt ihr alle möglichen Pflanzen in allerlei Formen sehen, über Hängebrücken taumeln, beeindruckende Figuren (natürlich aus Pflanzen) bestaunen und niedliche Schweinchen beobachten.
Weitere Ausflugsziele
Leider waren unsere zwei Wochen viel zu schnell vorbei, so dass wir nicht alles besuchen konnten, was auf unserer Liste stand. Grund genug, nochmal herzukommen. Hier mal, was es sonst noch alles in Cornwall zu entdecken gibt:
Mousehole im Süden Cornwalls soll ein bezauberndes, kleines Fischerdorf sein. Vielleicht eine Alternativ, falls euch in St. Ives zu viel los ist?
Neben dem St. Michael’s Mount könnt ihr in Cornwall noch diverse weitere Schlösser und Burgen wie zum Beispiel Tintagel Castle besuchen.
Mit dem Eden Project im Osten Cornwalls wartet ein ganz besonderer Garten auf euch. Er sieht nicht nur von außen mit seinen Kuppeln sehr interessant aus, auch innen findet ihr den größten Regenwald Europas und könnt eine Menge über verschiedene Biotope lernen, die hier nachgebaut wurden. Manchmal gibt es hier sogar Konzerte zu sehen.
Auf den Isles of Scilly könnte man sich fast wie in der Karibik fühlen, so traumhaft sieht es hier aus. Hier kommt ihr von Penzance mit dem Boot oder etwas spektakulärer mit dem Helikopter hin. Wahrscheinlich kann man hier auch gleich einen ganzen Urlaub verbringen.
Essen
Zum Schluss noch ein paar Essenstipps, auch wenn die Reise schon etwas her ist und ich mich daher nur noch an die absoluten Highlights erinnere:
Die bisher leckersten Sandwiches meines Lebens hatte ich im Scroff Troff, wo wir bestimmt drei Mal frühstücken waren. Auch die Atmosphäre ist hier sehr schön.
Das beste Abendessen hatten wir in The Searoom. Hier hat wirklich alles gestimmt: das Essen, die Drinks und der schöne Ausblick auf den Hafen. Leider ist es wohl seit Herbst 2023 geschlossen.
Aus dem Hub St. Ives sind uns die Burger und Milchshakes in guter Erinnerung geblieben und im Porthminster Café konnte man schön frühstücken und dabei den tollen Ausblick genießen.
Ansonsten ist Cornwall vor allem für seine Scones und Pasties berühmt:
Scones, eine Art buttriges Mürbeteig-Brötchen, wurden hier zwar nicht erfunden, werden hier dafür aber, anders als im Rest des Vereinigten Königreichs, erst mit Erdbeerkonfitüre, dann mit Clotted Cream bestrichen. Übrigens: Falls ihr euch unsicher seid, wie ihr „Scones“ aussprechen sollt: Die Briten sind sich da selbst nicht einig.
Pasties sind ebenfalls ein Mürbeteiggebäck, allerdings ein herzhaftes, das tatsächlich ursprünglich aus Cornwall stammt. Letztlich sind es einfach Teigtaschen, die traditionell mit Rindersteak, Kartoffeln, Steckrüben und Zwiebeln gefüllt sind, wobei es mittlerweile natürlich alle möglichen Füllungen gibt.
Zum Schluss noch eine Warnung, falls ihr vorhabt, draußen einen Snack zu essen: Nehmt euch vor den Möwen in Acht! Die sind hier auf einem ganz anderen Level unterwegs, als ich es je irgendwo auf der Welt erlebt habe. Falls ihr ein lustiges Handyvideo drehen wollt, wie euch ein Eis aus der Hand gerissen wird, habt ihr hier die Chance dazu.
Hat euch Cornwall noch nicht überzeugt? Dann schaut doch mal bei den anderen schönen Sommer-Orten vorbei, die sich gut mit dem Zug erreichen lassen.
Und falls ihr eher der Bücher-Typ seid oder noch etwas zum Lesen für die nächste Zugfahrt sucht, kann ich euch die beiden schönen Bücher Reisehandbuch: Europa mit dem Zug* und Entdecke Europa mit dem Zug* sehr ans Herz legen. Hier werden euch nicht nur zahlreiche schöne Orte in Europa vorgestellt, die ihr mit dem Zug errreichen könnt, sondern auch viele Tipps und Hintergrundinfos zu Ticketkauf, Bahnhöfen, Zugstrecken und für die langen Zugfahrten selbst gegeben.