Seit Jahren sind wir auf der Suche nach schönen Orten für einen Sommerurlaub, zu denen man gut mit dem Zug kommt und vor Ort kein Auto braucht. Orte, die hübsch und nicht zu groß sind, aber trotzdem nette Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten bieten und von denen es nicht weit zum Meer und in die Natur ist.
Im dritten Beitrag dieses Blogs geht es um einen Ort, der uns zuvor völlig unbekannt war: Lllandudno an der walisischen Nordküste, wo wir 2019 zwei Juli-Wochen verbracht haben.
Lage, Wetter und Aussprache
Das Seebad Llandudno liegt genau in der Mitte der walisischen Nordküste, ungefähr 80 Kilometer westlich von Liverpool. Als wir im Juli dort waren, war das Wetter die meiste Zeit recht grau und feucht, was aber irgendwie zur Landschaft und Gegend gepasst hat. Ab und zu brach aber durchaus mal die Sonne durch, so dass wir an einem Tag tatsächlich noch baden konnten.
Falls ihr euch fragt, wie man „Llandudno“ ausspricht: Das Doppel-L spricht man in Wales ungefähr wie ein „chl“ aus, wobei das „ch“ wie eine Mischung aus dem „ch“ in „Rachen“ und einem „k“ gesprochen wird. Insgesamt heißt der Ortsname also „Chlandudno“. Die Ortsnamen in Wales waren für uns des Öfteren eine Herausforderung, so dass wir beim Ticketkauf im Bus irgendwann dazu übergegangen sind, den Ortsnamen im Handy einzutippen und dann den Busfahrern zu zeigen, die sich beim „Verstehen“ leider auch manchmal keine große Mühe gegeben haben.
Anreise
Llandudno erreicht ihr mehrmals pro Tag in dreieinhalb bis 4 Stunden mit dem Zug vom Londoner Bahnhof Euston. Schaut einfach bei GoogleMaps, was für euch gut passt. Es gibt eine Variante, bei der ihr in Chester umsteigen müsst und eine andere, bei der ihr in Crewe und Llandudno Junction umsteigt.
Nach London kommt ihr wiederum am besten mit dem Eurostar, den ihr von Brüssel oder Paris nehmen könnt, je nachdem, was für euch besser passt oder günstiger ist. Da alles zusammen wahrscheinlich etwas anstrengend ist, bietet sich auf jeden Fall eine Übernachtung in London, Brüssel oder Paris an (je nachdem, wo ihr langfahrt).
Highlights vor Ort
Llandudno ist ein altes, viktorianisches Seebad, wovon noch heute die Seebrücke und die vielen viktorianischen Villen und Hotels zeugen. Seine Blütezeit hatte der Ort im 19. Jahrhundert und in der Tat hatten wir an manchen Stellen das Gefühl, dass er seine besten Zeiten hinter sich hat. Vielleicht spielte da aber auch das durchgängig graue Wetter hinein. Aber versteht mich nicht falsch, beides zusammen verleihte dem Ort eine ganz eigene Stimmung, die ihm durchaus einen besonderen Charme gab.
Im Laufe des Urlaubs hat sich der Ort als wirklich toller Ausgangspunkt für viele Aktivitäten entpuppt, die ich euch nun vorstellen möchte:
Strände und Spaziergänge
Da Llandudno direkt am Ende einer kleinen Landzunge liegt, ist er gleich an drei Seiten vom Meer umgeben. Direkt in der Stadt (die übrigens eine angenehme Größe hat und für unseren Geschmack weder zu klein, noch zu groß ist) habt ihr im Osten den North Shore Beach mit seiner angenehm breiten, aber auch nicht besonders hübsch gestalteten Promenade (eigentlich ist es nur ein breiter, asphaltierter Fußweg). Von dieser habt ihr aber einen tollen Blick auf das Meer und die schönen, viktorianischen Häuser. Der Strand selbst ist ein Kieselstrand, so dass wir uns eher zum Spazierengehen auf der Promenade aufgehalten haben. In Richtung Norden kommt ihr auch direkt zur Seebrücke, auf der ihr die typisch britischen Vergnügungsbuden findet.
Zum Baden und und Herumliegen eignet sich der West Shore Beach wesentlich besser, denn hier habt ihr richtigen Sand und es ist etwas ruhiger und weniger städtisch. Er ist ungefähr zwanzig Gehminuten vom Nordstrand entfernt so dass ihr ihn zu Fuß oder mit dem Fahrrad ganz gut erreichen könnt. Googelt aber vorher am besten die Ebbe-Flut-Zeiten, damit ihr nicht, wie wir, überrascht in Badesachen dasteht und euch wundert, wo das ganze Wasser plötzlich hin ist. 😉
Aber auch bei Ebbe lohnt sich ein Besuch des Weststrandes, denn hier könnt ihr eine schöne Wattwanderung machen und viele schöne Dinge wie die Überbleibsel einer alten Seebrücke entdecken. Passt dabei aber unbedingt auf: Checkt, wann die Flut kommt, entfernt euch bei Nebel nicht zu weit von der Küste (die ihr immer erkennen können müsst!) und merkt euch, wie ihr ungefähr gelaufen seid. Laut einer Tafel sind dort schon so einige Menschen nicht mehr von ihrem Spaziergang zurückgekehrt. ☹
Ansonsten werdet ihr im ganzen Ort verteilt immer mal wieder auf Figuren aus Alice im Wunderland treffen. Hier hat Alice nämlich gern Urlaub gemacht. „Häh?“, denkt ihr jetzt sicherlich… OK, OK, ich meinte Alice Liddell, die für den Autor Lewis Carroll wohl das literarische Vorbild für „Alice im Wunderland“ war.
Great Orme – Der Hausberg von Llandudno
Das zweite große Highlight des Ortes ist definitiv der Great Orme, den ihr gleich auf drei Arten entdecken könnt:
Mit der Standseilbahn
Für rund zehn Pfund könnt ihr mit der über hundert Jahre alten Great Orme Tramway in gemütlichem Tempo den Berg hochfahren. Zusammen mit der berühmten Standseilbahn in Lissabon ist es die einzige noch existierende Standseilbahn in ganz Europa, die auf öffentlichen Straßen fährt. Wenn ihr auf halber Strecke umsteigt, schaut auf jeden Fall in der alten Kupfermine vorbei, ein kleiner Besuch lohnt sich hier auf jeden Fall. Oben angekommen könnt ihr ein bisschen herumlaufen und den Ausblick genießen.
Mit der (Hänge-)Seilbahn
Neben der langsamen Standseilbahn gibt es noch eine (hängende) Seilbahn, die ein deutlich höheres Tempo draufhat. Sie ist gar nicht so unwackelig und an manchen Stellen recht hoch, so dass die Fahrt definitiv aufregender ist als bei der Standseilbahn.
Zu Fuß
Die schönste Art, den Great Orme zu erkunden, ist sicherlich zu Fuß, denn hier sehr ihr am meisten und könnt alles in Ruhe genießen. Wir sind ungefähr diese Route hier gelaufen, wobei wir erst an der Seebrücke angefangen haben und somit keine komplette Runde gelaufen sind.
Das Ganze hat erstaunlich lang gedauert (rund drei Stunden) und war sehr abwechslungsreich: Es gab ständig schöne Ausblicke auf das Meer, Llandudno und die Buchten drumherum, es gab viele grüne Hügel, violette Heidelandschaften, Kaninchen und einen alten Friedhof, der auch gut in einen Stephen-King-Film passen würde.
Am Ende kamen wir am schönen West Shore Beach an und liefen spontan noch anderthalb Stunden am Meer weiter bis nach Conwy, wo wir uns dann erschöpft in einen Bus zurück gesetzt haben.
Conwy Castle
Llandudnos Nachbarort Conwy solltet ihr aber auf jeden Fall nochmal richtig besuchen, denn hier gibt es ein paar durchaus schöne Sachen zu sehen: Zum einen könnt ihr hier Conwy Castle besuchen, eine Burgruine, die nicht übermäßig spektakulär ist, aber von der ihr einen prächtigen Ausblick auf die Bucht habt. Falls ihr noch nicht gefrühstückt habt, könnt ihr ja versuchen, im burgeigenen Castle Gallery Tearoom einen Platz zu bekommen. Wenn ihr mit der Burg fertig seid, könnt ihr einfach auf der Stadtmauer einmal um den Ort bis zum Wasser laufen, wo ihr für anderthalb Pfund das angeblich kleinste Haus Großbritanniens besuchen könnt. Hier braucht ihr nicht viel Zeit einplanen, denn in der Tat habt ihr das Haus in drei Schritten durchquert. Vergesst nicht, einen Blick in die zweite Etage zu werfen.
Entferntere Ausflugsziele
Aber Falls und Aber Falls Distillery
Falls ihr noch etwas mehr im Norden von Wales herumkommen wollt, macht doch einen kleinen Abstecher nach Aber Falls. Dort könnt ihr eine Führung durch die Aber Falls Whisky Distillery und anschließend eine kleine Wanderung zu den beiden Wasserfällen machen, die dem Ort seinen Namen geben. Wir haben die Wanderung noch etwas ausgedehnt (ungefähr diese Route) und wurden mit wirklich schönen Ausblicken auf die Hügel, das Meer und seine Sandbänke belohnt. Flauschige Schäfchen gab es auch zu sehen.
Nach Aber Falls kommt ihr von Llandudno in einer dreiviertel Stunde mit dem Bus Nummer 5 (Haltestelle „Aber Falls Shelter“). Unser Bus kam leider nicht, so dass wir uns spontan ein Taxi nahmen, um unsere Führung noch zu schaffen.
Bodnant Garden
Ebenfalls mit dem Bus erreicht ihr Bodnant Garden, ein berühmter botanischer Garten, in dem ihr sogar einen Riesenmammutbaum sehen könnt. Schaut am besten auf der Website, ob es vielleicht gerade ein kostenloses Konzert gibt, dann lohnen sich die 15 Pfund Eintritt gleich doppelt.
Zugfahrt
Falls ihr auf alte Eisenbahnen oder schöne Landschaften (oder beides) steht, könnt ihr mit Ffestiniog & Welsh Highland Railways einmal quer durch den Snowdonia Nationalpark fahren.
Wir sind dazu mit dem Bus in knapp zwei Stunden nach Caernarfon (mit Betonung auf dem zweiten „a“) gefahren, haben dort eine Mittagspause eingelegt (nehmt euch vor den Möwen in Acht) und sind dann bis Beddgelert gefahren, wo wir eine Übernachtung eingelegt haben. Die Strecke war ganz hübsch, allerdings blieb der Zug auf halber Strecke liegen, weil er angeblich mit der falschen Kohle gefüttert wurde. Da wir ja zum Glück nicht die ganze Strecke an einem Tag fahren wollten, war es für uns kein Drama, auf eine Abschlepp-Lok zu warten. Durch Beddgelert solltet ihr unbedingt noch einen kleinen Spaziergang zu „Gelerts Grab“ machen, das dem Namen seinen Ort gibt. Nicht nur wegen der Geschichte dahinter, sondern weil das Örtchen und die Umgebung irgendwie eine ganz mystische Stimmung haben.
Am nächsten Tag ging es dann weiter mit dem Zug nach Porthmadog, wo ihr dann in den nächsten alten Zug nach Blaenau Ffestiniog umsteigt. Sollte der Zug nicht liegenbleiben, müsst ihr für die Teilstrecken Caernarfon – Porthmadog und Porthmadog – Blaenau Ffestiniog jeweils anderthalb Stunden einplanen. Von Blaenau Ffestiniog fährt mehrmals pro Tag ein (moderner) Zug in knapp anderthalb Stunden zurück nach Llandudno.
Snowdon
Das absolute Highlight des Urlaubs war allerdings der Snowdon, der höchste Berg von Wales, den man bei klarem Wetter sogar noch von Dublin aus sehen kann. Auf diesen sind wir mit der Snowdon Mountain Railway gefahren, haben uns den nebligen Gipfel angeschaut und sind dann ganz in Ruhe runtergewandert.
Die Wanderung hat sich echt gelohnt. Die Landschaft ist (zumindest aus Sicht eines Berliners 😉) wirklich atemberaubend und ihr habt einen sensationellen Ausblick. Wusstet ihr, dass schon Edmund Hillary seine Mount-Everest-Besteigung geübt hat? Aber keine Sorge, neben der Bahnstrecke gibt es eine gut machbare Wanderroute (Llanberis Path), die ihr auch ohne besondere Ausrüstung und ohne zu klettern laufen könnt. Wir haben dafür knapp drei Stunden gebraucht.
Zur Railway Station (in Llanberis) kommt ihr von Llandudno in rund zwei Stunden mit dem Bus oder ihr gönnt euch ein Taxi, das nur 50 Minuten braucht. Die Zugtickets nach oben solltet ihr unbedingt online reservieren, da sie am Tag selbst oft ausverkauft sind. Solltet ihr ein Hin- und Rückticket besitzen und euch, wie wir, oben spontan entscheiden, doch runterzuwandern, schaut doch oben im Bahnhofsgebäude ruhig nach verzweifelt aussehenden Wanderern, denen ihr die Rückfahrt schenken könnt.
Weitere Ausflugsziele
Leider endet jeder Urlaub irgendwann und so haben auch wir nicht alles geschafft, was wir uns für den Urlaub vorgenommen haben. Hier also noch ein paar Ideen, falls ihr mehr Zeit habt oder euch die Vorschläge oben nicht so überzeugen konnten:
Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch
Ihr habt ihn bestimmt schon öfter gelesen, den längsten Ortsnamen der Welt. Ihr werdet es kaum glaube, aber er befindet sich nicht weit von Llandudno entfernt. Und das Beste: Ihr braucht euch nur in den Zug setzen, ein Mal umsteigen in knapp einer Stunde seid ihr da. Die Station heißt offiziell Llanfairpwll, aber wenn ihr dort aussteigt, seht ihr den vollen Namen am Bahnhofsgebäude.
Anglesey
Wenn ihr schonmal dort seid, macht doch gleich einen Ausflug auf die Halbinsel Anglesey. Hier kann man wahrscheinlich auch einen eigenen Urlaub verbringen. Hier gibt es tolle Strände, Wanderwege, Burgen, einen Leuchtturm und vieles mehr. Aber lasst unten einen Kommentar mit euren Tipps da. 😊
Liverpool und Manchester
Solltet ihr zwischendurch tatsächlich Lust auf eine Großstadt bekommen, sind Liverpool und Manchester nur 2 bis 3 Zugstunden entfernt. Wir haben lange überlegt, welche Stadt wir lieber besuchen wollten, am Ende waren wir bei keiner davon, weil uns die walisische Landschaft einfach mehr interessiert hat…
Kulinarisches
Bei all der Wanderei braucht man auf jeden Fall einige Kalorien, um seinen Energiespeicher wieder aufzuladen. Hier mal unsere Tipps für Llandudno (und Conwy):
Restaurants
Britische Pub-Klassiker wie Steak & Ale Pie, Yorkshire Pudding, Fish & Chips und zum Nachtisch Sticky Toffee Pudding bekommt ihr in The Cottage Loaf und LC Drink & Dine.
Für etwas Abwechslung bekommt ihr in The Snooze Tapas und im Wildwood so etwas wie italienische Küche. Auch wenn das Wildwood-Essen im Internet nicht außergewöhnlich aussieht, waren wir dort gleich drei Mal, da das Essen recht abwechslungsreich, die Bedienung sehr nett und die Drinks echt klasse waren. Falls ihr nicht die ganze Zeit britische Küche essen wollt, lohnt sich ein Besuch hier auf jeden Fall.
Solltet ihr mal abends in Conwy sein, kann ich euch dort auf jeden Fall das Watsons Bistro empfehlen. Hier habe ich mich wie in Kalifornien gefühlt, ohne wirklich sagen zu können, woran das lag.
Kuchen & Frühstück
Wenn ihr Kuchen sucht, könnt ihr zum Beispiel in The Lemon Tree Tea Rooms und The Loaf Coffee & Sandwich Bar vorbeischauen. Hier gibt es natürlich die Klassiker wie Victoria Sponge Cake oder Scones. Interessant ist auch ein Besuch im Waterstones, das sich nämlich mitten in einer Buchhandlung befindet.
Falls ihr eine echte Afternoon Tea Time mit Sandwiches und kleiner Patisserie erleben wollt, schaut doch mal im edlen Llandudno Bay Hotel vorbei.
Hat euch Llandudno noch nicht überzeugt? Dann schaut doch mal bei den anderen schönen Sommer-Orten vorbei, die sich gut mit dem Zug erreichen lassen.
Und falls ihr eher der Bücher-Typ seid oder noch etwas zum Lesen für die nächste Zugfahrt sucht, kann ich euch die beiden schönen Bücher Reisehandbuch: Europa mit dem Zug* und Entdecke Europa mit dem Zug* sehr ans Herz legen. Hier werden euch nicht nur zahlreiche schöne Orte in Europa vorgestellt, die ihr mit dem Zug errreichen könnt, sondern auch viele Tipps und Hintergrundinfos zu Ticketkauf, Bahnhöfen, Zugstrecken und für die langen Zugfahrten selbst gegeben.