Heute möchte ich euch mal über ein etwas persönlicheres Thema schreiben, das mich seit meiner Jugend begleitet: Histamin-Unverträglichkeit (manchmal auch als Histamin-Intoleranz bezeichnet). Dabei reagiert der Körper auf hohe Histamin-Mengen im Körper, die für „normale“ Menschen kein Problem darstellen.
Vorgeschichte
Bei mir fing es ungefähr im Alter von 16 Jahren an, dass ich nachts und morgens oft mit einem drückenden Gefühl unter dem Brustbein und manchmal auch mit einem leichten Brennen im Hals aufwachte. Ein Besuch beim Arzt und eine Magenspiegelung später stellte sich heraus, dass bei mir wohl der Magensaft nachts gerne wieder den Weg zurück in die Speiseröhre nahm, was zu Entzündungen (eine so genannte Reflux-Ösophagitis), Schmerzen und Heiserkeit führen kann. Also stellte ich mein Leben etwas um und begann, mindestens vier Stunden vor dem Schlafen nichts mehr zu essen. Außerdem fiel mir auf, dass das Problem besser wurde, wenn ich ab dem Nachmittag auf bestimmte Lebensmittel wie Tomaten, lang gereifter Käse und Schokolade verzichtete.
So kam ich die nächsten 10 Jahre eigentlich ganz gut zurecht. Nur manchmal hatte ich (auch tagsüber) plötzlich mit weiteren Symptomen zu kämpfen: innere Unruhe, leichte Luftnot, ein Jucken in den Händen und selten sogar leichte Kreislaufprobleme.
Irgendwann dachte ich mir dann, dass es mal wieder an der Zeit wäre, checken zu lassen, ob es meinem Magen nach all den Jahren immer noch gut ging. Also ließ ich noch einmal eine Magen-Spiegelung über mich ergehen, bei der zum Glück alles wieder in Ordnung war. Trotzdem hatte die Ärztin einen wertvollen Hinweis für mich und meinte, dass das ganze für sie nach einer Histamin-Unverträglichkeit klingt.
Also informierte ich mich intensiv über das Thema und realisierte, wie gut das Ganze zu meiner Situation passte. Deshalb möchte ich euch hier mal ein paar Informationen und persönliche Erfahrungen zusammentragen, die ich gern schon viel früher über Histamin-Intoleranz gewusst hätte. Falls ihr oder Bekannte von euch rätselt, ob ihr vielleicht eine Histamin-Unverträglichkeit habt, oder ihr von den vielen und teilweise sehr widersprüchlichen Infos im Internet verwirrt seid, hilft euch das hoffentlich ein bisschen weiter:
Was ist Histamin?
Histamin ist ein Hormon (also eine Art Kommunikationsmittel des Körpers), das vor allem im Körpergewebe (also nicht im Blut) von den so genannten Mastzellen gebildet wird. Es spielt verschiedenste Aufgaben im Immunsystem (vor allem bei Entzündungen und Allergien), im Kreislauf und bei der Verdauung. So lässt es (unter vielem anderen) das Herz schneller schlagen, erhöht die Magensaftproduktion, lässt große Blutgefäße enger und kleine Blutgefäße weiter werden (was zu Hautrötungen führen kann).
Vor allem in eiweißreichen Lebensmitteln kann es bei längerer Reifung, Fermentation und Verderb in großen Mengen entstehen und wird leider auch durch Erhitzen und Kochen nicht zerstört.
Was genau ist eine Histamin-Unverträglichkeit?
Wie der Name schon andeutet, vertragt ihr bei einer Histamin-Intoleranz oder Histamin-Unverträglichkeit (den Unterschied habe ich bis heute nicht verstanden) größere Mengen an Histamin nicht, die für gesunde Menschen kein Problem darstellen. Bei euch können dann bestimmte Lebensmittel ungewollt die verschiedensten Symptome auslösen: innere Unruhe, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Luftnot, Übelkeit, Bauschmerzen, Erbrechen, gerötete Haut, Juckreiz, Sodbrennen, Kopfschmerzen, Schwellungen und Bläschen im Mund oder Schnupfen.
Kurzum: So eine Histamin-Intoleranz kann einen bunten Blumenstrauß an Symptomen hervorrufen.
Wie erkenne ich eine Histamin-Unverträglichkeit?
Die große Gemeinheit ist, dass es bei Histamin-Unverträglichkeit wohl keine zuverlässigen Labortests gibt, auch wenn manche Ärzte (und Heilpraktiker) so etwas behaupten. Die hierbei messbaren Werte (vor allem Histamin-Gehalt im Blut und Stuhl sowie die Aktivität der Histamin-abbauenden Diaminoxidase (DAO)) schwanken einfach bei jeder Person zu stark, hängen von vielen anderen Faktoren ab und lassen am Ende keinen vernünftigen Rückschluss zu, ob man tatsächlich an einer Histamin-Intoleranz leidet. Es gibt sogar solche Testkits* für zuhause, aber diese dürften wohl kaum besser funktionieren als ein Labortest beim Arzt.
Stattdessen muss man entweder mit einem Protokoll oder (etwas unsicherer) per Gedächtnis beobachten, auf welche Lebensmittel man wie reagiert. Das große Problem hierbei ist natürlich, dass dabei immer auch der Placebo-Effekt und eine selektive Wahrnehmung das Ergebnis verfälschen kann. Deshalb ist ein schriftliches Ernährungs- und Symptom-Protokoll sicherlich die beste Variante. Diese kann man sogar fertig vorgedruckt* kaufen, so dass ihr da nicht viel vorbereiten müsst und gleich loslegen könnt.
Eine andere Schwierigkeit dabei besteht darin, dass ein bestimmtes Lebensmittel mal mehr, mal weniger Histamin enthalten kann. Die eine Tomatensuppe kann somit starke Symptome verursachen, die andere hingegen gar keine Probleme machen. Am Ende müsst ihr ein Lebensmittel also einige Male gegessen haben, um zu sehen, ob ihr es wirklich gut vertragt.
Ich bin das ganze jetzt nicht hochwissenschaftlich mit Essensprotokoll und Symptom-Tagebuch angegangen (dazu war ich zu faul), habe aber mit der Zeit durch aufmerksame Beobachtung bemerkt, welche Lebensmittel die Wahrscheinlichkeit für die oben genannten Symptome erhöhen und welche nicht. Welche Lebensmittel das sind, erfahrt ihr weiter unten.
Was kann ich gegen eine Histamin-Unverträglichkeit tun?
Bisher ist mir nicht bekannt, dass es eine Heilung gegen Histamin-Unverträglichkeit gäbe. Es soll wohl Medikamente geben, die die Symptome lindern können (DAO-Hemmer-freie Antihistaminika* oder histaminabbauende Enzyme wie DAOSiN*), aber die müsstet ihr dann immer nach dem Essen der problematischen Lebensmittel einnehmen. Ich habe damit keinerlei Erfahrungen und kann daher nicht sagen, ob sie wirklich helfen. Fragt dazu (und zu Nebenwirkungen) also auf jeden Fall euren Arzt oder Apotheker. Zumindest bei DAOSiN* sind die Bewertungen recht positiv, bei den Antihistaminika* ist es schwer zu sagen, da diese ja meist gegen Heuschnupfen eingenommen werden und dies auch den größten Teil der Bewertungen ausmacht.
Mir hat es geholfen, zu beobachten und im Zweifel nachzuschlagen, welche Lebensmittel problematisch für mich sind und diese dann entweder zu vermeiden oder zumindest nicht zu spät zu mir zu nehmen. Das ist langfristig für den Alltag auch vermutlich gesünder, als täglich Tabletten einzunehmen.
Da mir meine Histamin-Intoleranz ja vor allem nachts Probleme bereitet, reicht es bei mir zum Glück meist, ab dem späten Nachmittag auf die problematischen Lebensmittel zu verzichten, so dass ich Schokolade & Co. zum Glück nicht ganz aus meinem Leben verbannen muss.
Welche Lebensmittel sollte ich bei Histamin-Unverträglichkeit vermeiden?
Nun zum vielleicht interessantesten Teil: Welche Lebensmittel sollte man denn nun bei einer Histamin-Intoleranz vermeiden?
Hier sind im Prinzip drei Gruppen von Lebensmitteln problematisch:
- Lebensmittel, die hohe Histamin-Mengen enthalten können
- Lebensmittel, die Histamin im Körper freisetzen können („Histamin-Liberatoren“)
- Lebensmittel, die den Histamin-Abbau im Körper bremsen (DAO- und HNMT-Hemmer)
Bei der ersten Gruppe (Lebensmittel mit hohem Histamin-Gehalt) ist noch zu beachten, dass die Histamin-Menge je nach Charge, Lagerungsdauer und Zufall stark schwanken kann. Meist bekomme ich schon nach einem Stück Tomate am Abend Probleme, ich habe aber auch schon (aus Höflichkeit) einen ganzen Teller Tomatensuppe zum Abendessen gegessen und anschließend gar keine Probleme gehabt. Wundert euch also nicht, wenn die Symptome nicht nach jedem Verzehr auftreten.
Die Lebensmittel, mit denen ich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Probleme bekomme, sind Kakao (und dementsprechend auch Schokolade), Tomaten (in allen Formen, auch Ketchup), Salami und lang gereifter Käse. So eine Salami-Thunfisch-Pizza mit Parmesan und einem Glas Rotwein wäre für mich also definitiv der Super-Gau. 😉
Das sind für mich persönlich definitiv die Top 4 der problematischsten Lebensmittel. Anstatt euch jetzt hier nun viele weitere aufzuzählen, möchte ich euch lieber eine datensparsame, kostenlose Handy-App ans Herz legen, in der ihr bei hunderten Lebensmitteln sehen könnt, wie problematisch sie bei Histamin-Unverträglichkeit sind. Sie heißt „Histamin, Fructose & Co.“ und ist kostenlos im Google Play Store und in Apples App Store verfügbar. Mehr über ihre Macher könnt ihr auf ihrer Website lesen.
Im Gegensatz zu vielen Internetseiten habe ich bei dieser App das Gefühl, das hier für jedes einzelne Lebensmittel sehr sorgfältig die Quellenlage geprüft (und in der App auch verlinkt) und mit einigen Mythen aufgeräumt wird (dass z.B. Hefe problematisch sei).
Welche Lebensmittel kann ich alternativ verwenden?
Als mir klar war, dass ich zum Beispiel Tomaten nicht gut vertrage, wurde mir erst einmal bewusst, in wievielen Gerichten Tomaten verwendet werden. Die riesige Speisekarte mancher Italiener schrumpft dann plötzlich auf eine kleine Auswahl von Gerichten zusammen, was ja auch von Vorteil sein kann. 😉 Beim Besuch in der Tapas-Bar wird dann schon fast unmöglich, satt zu werden.
Einfacher ist es, wenn ihr selbst kocht. Dann könnt ihr zum Beispiel Tomaten durch Paprika ersetzen. Statt passierter Tomaten schiebe ich die entkernte Paprika einfach für zehn Minuten in den Ofen und püriere sie anschließend im Mixer. Das könnt ihr natürlich auch mit frischer Paprika machen, dann wird die Konsistenz aber ein wenig krisselig.
Falls ich im Restaurants Lust auf etwas Alkoholisches habe, nehme ich mittlerweile nur noch Cocktails oder Long-Drinks statt Bier und Wein. Natürlich immer in Maßen! Dabei ist mir aufgefallen, was für tolle Gastrobars es doch in meiner Heimatstadt Berlin gibt.
Falls ihr da mehr Inspiration braucht, gibt es auch einige Kochbücher für Menschen mit Histamin-Intoleranz. Ich habe bisher noch keines ausprobiert, aber das Kochbuch mit der besten Amazon-Bewertung ist dieses Buch von Valentina Kaiser* mit immerhin 150 Rezepten.
So viel zu mir und meinen Erfahrungen mit Histamin-Intoleranz. Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Überblick geben und vielleicht ein bisschen Licht ins Dunkel bringen. Falls ihr noch andere Fragen oder eigene Erfahrungen oder eigene Buchtipps habt, lasst doch gern unten einen Kommentar da…